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  Pierre Bourdieu

 
   

sociologue énervant

 
   

 

Décès de Pierre Bourdieu :(
 

 
   

 


Pierre Bourdieu

 »Man müsste es fertig bringen,
 Wissenschaft und Militanz zu versöhnen«.



Diether Dehm und Konstantin Wecker, Neues Deutschland, 25/01/02.

 


  

Französischer Sozialphilosoph Pierre Bourdieu am Mittwoch gestorben.

Er hatte schon fast zugesagt, zu unserem »Fest der Menschlichkeit« am 24. Mai nach Frankfurt (Main), das er die »europäische Kapitale des Bankenkapitals« nannte, an den Fuß des Deutsche-Bank-Turms zu kommen. Wenn er wieder aus dem Krankenhaus sei, bis dahin. Sein Referat vom 17. Juni 2000 bleibt uns noch in lebendiger Erinnerung. Diesen Turbokapitalismus nannte er damals »Tyrannei der Profitraten« und »Höllenmaschine«, die »ihre Gesetze den Staaten aufzwingt«, die Agenden und Agenten prägt, die den Parlamentarismus umzubauen trachtet, die zum reinen hochdotiert kulturellen Zerstreuungsapparat von Bedenken, Ängsten und Zorn zu werden droht und die Intellektuelle mietbar macht, das zu werden, was Brecht im »Kongreß der Weißwäscher« der Frankfurter Schule um Adorno karikierte.

Der Aussteiger aus dem Apologetenchor der affirmativen Wissenschaftler und Philosophen hatte jenen Schreibtischtätern »Gegenfeuer« verkündet, die für einen Spross auf der Karriereleiter Profite »arbeitsplatzschaffend«, Kriege »human« und Globalisierung als »alternativlos« beschreiben. Gegen diese »Quasi-Intellektuellen« (Bourdieu), »die innerhalb des neuen Feldes der Macht eine beherrschte Fraktion bilden«, setzte er »die Welt der Gelehrten als eine Art Wirklichkeit gewordener Utopie« sowie eine »Vernetzung von Intellektuellen und Spezialisten, sowohl untereinander als auch mit sozialen Bewegungen, die die Höllenmaschine stoppen könnte«, wie es Sabine Kebir in Frankfurt an die Adresse Bourdieus formuliert hat.

Bourdieu, 1930 in Denguin/Basses geboren, seit 1981 Inhaber des Lehrstuhls für Soziologie am weltbekannten »Collège de France«, Träger der »Médaille d’or des Centre National Recherche Scientifique«, der höchsten Wissenschaftsauszeichnung Frankreichs mit Buchauflagen, von denen andere Professoren nur träumen, war das »enfant terrible« des europäischen Universitätsbetriebs. Ein Aussteiger – auch aus dem Elfenbeinturm der rein kontemplativen Geistestechnokraten. Mit seiner »Antiglobalisierungs«-Bewegung »Raisons d’agir« versuchte er »aus einem echten Interesse an der Uneigennützigkeit, einer Leidenschaft für die Vernunft und einer Liebe zur Wahrheit« die Welt zu ändern. In Hörsälen und auf öffentlichen Plätzen wollte er die Wissenschaft zu einem Handeln gegen den Neoliberalismus ermutigen. Und so bleiben uns die guten Gründe zum Handeln erhalten und sein Wunsch: »Man müsste es fertig bringen, Wissenschaft und Militanz zu versöhnen, den Intellektuellen die Rolle der Militanten der Vernunft zu geben, die sie im 18. Jahrhundert hatten.«
   

 


Pierre Bourdieu

       
 

   
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